15.06.2025 – News – radiohoerer – Richard Williams und Jan Granlie – Henry* — – Details
Louis Moholo-Moholo
Der Tod von Brian Wilson hat mich kaltgelassen, von Sly Stone wusste ich zu wenig. Aber der Tod des Schlagzeugers Louis Moholo-Moholo hat mich getroffen und traurig gemacht. Hier 2 Nachrufe, von Richard Williams und Jan Granlie und eine Videoauswahl.
«Der letzte der Blue Notes» von Richard Williams — Louis Moholo-Moholo starb am Donnerstag in seinem Haus in Kapstadt im Alter von 85 Jahren. Er war der letzte Überlebende der Blue Notes, einer Gruppe, zu der auch der Trompeter Mongezi Feza, der Altsaxophonist Dudu Pukwana, der Pianist Chris McGregor und der Bassist Johnny Dyani gehörten, die 1964 auf der Flucht vor dem Apartheidregime in Südafrika nach Europa kamen. Nachdem sie sich in London niedergelassen hatten, bereicherten sie die britische Jazzszene mit der Wärme und Direktheit ihres Spiels und hinterließen einen Eindruck, der in der Musik späterer Generationen weiterlebt. Nun sind sie alle von uns gegangen. — Niemand schwang die Peitsche vom Schlagzeughocker aus so wie Louis, mit den besten Absichten. Bevor man ihn live gesehen hatte, konnte man nur eine vage Vorstellung von seiner belebenden und manchmal elektrisierenden Wirkung auf seine Mitmenschen haben – seien es die anderen Mitglieder eines Duos (wie die Pianisten Keith Tippett, Livio Minafra oder Alexander Hawkins) oder die zahlreichen Musiker von McGregors Brotherhood of Breath oder Pino Minafras Canto Generàl. Ich schätze die Erinnerungen an Mike Osbornes feuriges Trio mit Louis und dem Bassisten Harry Miller, einem weiteren Mitglied der südafrikanischen Emigranten-Clique. Millers Sextett, Elton Deans Ninesense und später das außergewöhnliche Quartett Foxes Fox, waren weitere Bands, deren Feuer er schürte. — Und natürlich Four Blokes, seine letzte Band, mit Hawkins, Jason Yarde am Saxophon und dem Bassisten John Edwards. Als ich das Quartett 2015 beim JazzFest Berlin vorstellte, war es für mich ein aufregendes Erlebnis, zu hören, wie sie in dem Moment, als Louis sich hinter sein Schlagzeug setzte, ein Feuer entfachten. Der Effekt war wie immer unbeschreiblich berauschend. Denn genau das hat Louis gemacht: Er hat gezeigt, was diese Musik kann, wohin sie führen kann, wie sie die Seele berühren kann. Möge er nun in Frieden ruhen. © Texte: Richard Williams, thebluemoment.com, 14.6.2025
R.I.P. Louis Moholo-Moholo von Jan Granlie — Vor einigen Jahren war ich Gast beim Novarra Jazz Festival in Italien, wo der südafrikanische Schlagzeuger Louis Moholo-Moholo eine Art «Artist in Residence» war, mehrere Konzerte gab und früh und spät mit den geladenen Gästen zusammen war. Hier signierte er auch Bilder (siehe unten im Artikel). Die meisten kennen ihn wohl am besten von der südafrikanischen Band The Blue Notes, aber zusammen mit mehreren Musikern aus seinem Land floh er aus dem Apartheidstaat und ließ sich in London nieder. — Louis Tebogo Moholo war Mitglied mehrerer wichtiger Bands, darunter The Blue Notes, Chris McGregor›s Brotherhood of Breath und Assagai. Er wurde am 10. März 1940 in Kapstadt geboren und gründete zusammen mit Chris McGregor, Johnny Dyani, Nikele Moyake, Mongezi Feza und Dudu Pukwana die Blue Notes.
1964 wanderte er mit seinen Musikerkollegen nach Europa aus. Schließlich ließ er sich in London nieder, wo er Teil einer südafrikanischen Exilgemeinde war, die einen wichtigen Beitrag zum britischen Jazz leistete. 1966 tourte er durch Buenos Aires, Argentinien, wo er mit Steve Lacy, Johnny Dyani und Enrico Rava im Theatron spielte und mit denselben Musikern das Album The Forest and the Zoo aufnahm. Er war Mitglied der Brotherhood of Breath, einer Big Band, die sich aus mehreren südafrikanischen Exilmusikern und führenden Musikern der britischen Free-Jazz-Szene der 1970er Jahre zusammensetzte, und ist Gründer von Viva la Black und The Dedication Orchestra.[1] — Sein erstes Album unter eigenem Namen, Spirits Rejoice auf Ogun Records, gilt als klassisches Beispiel für die Kombination britischer und südafrikanischer Musiker. Anfang der 1970er Jahre war er auch Mitglied der Afrorock-Band Assagai. — Er hat mit vielen Musikern gespielt, darunter Derek Bailey, Steve Lacy, Evan Parker, Enrico Rava, Roswell Rudd, Irène Schweizer, Cecil Taylor, John Tchicai, Archie Shepp, Peter Brötzmann, Mike Osborne, Keith Tippett, Elton Dean, Alexander Hawkins und Harry Miller. Er wirkte auch an vier Veröffentlichungen mit Frode Gjerstads Band Circulasione Totale Orchestra sowie an der Trio-Veröffentlichung Quiddity (2007) mit Frode Gjerstad und Nick Stephens mit. Neben den bereits genannten war er auch auf Veröffentlichungen mit Roswell Rudd, Keith Tippett›s Ark, Frank Lowe, Dennis Gonzales, Sean Bergin, Tristan Honsinger, New York Art Quartet und vielen anderen zu hören.
Im September 2005 kehrte er nach Südafrika zurück und spielte mit George E. Lewis beim UNYAZI Festival of Electronic Music in Johannesburg. In den letzten Jahren nannte er sich Louis Moholo-Moholo, weil dieser Name ethnisch authentischer ist und angeblich eine Verbindung zu einem südafrikanischen Häuptling hat. Der südafrikanische Promoter Slow Life produzierte im März 2017 ein großes Konzert in der Olympia Bakery in Kalk Bay, Kapstadt, bei dem Moholo zusammen mit Mark Fransman, Reza Khota, Keenan Ahrends und Brydon Bolton spielte. Louis Moholo-Moholo ist heute früh, am 11. Juni 2025, in seinem Haus friedlich eingeschlafen. Er wurde 85 Jahre alt. Ruhe in Frieden, guter Mann!
SK-news