06.01.2025 – News – Berliner Zeitung – Ulrich Seidler — – Details
Helene Weigel
Das BE bekommt einen Helene-Weigel-Hof, der mit dem Bertolt-Brecht-Platz vor dem Haus das traditionelle Machtgefüge zwischen Mann und Frau erlebbar macht. Es war nicht alles schlecht. — Der gepflasterte Innenhof des Berliner Ensembles ist ein städtisches Idyll und zugleich ein Raum, der zur Kommunikation einlädt. Techniker, Intendanten und Schauspieler hasten von der Kantine zur Vorstellung, Besucher stehen mit ihren Schörlchen unter Sonnenschirmen, abends wird die Szenerie in farbiges Funzellicht getaucht, es macht leise pling und schnatter, und es wird kennerisch gelacht. — Es ist nicht die größte, aber die schönste Ehre, die man Helene Weigel zu ihrem 125. Geburtstag im Mai erweisen kann, indem man eben diesen Platz nach ihr benennt. Die Umbenennung mit dem amtierenden Intendanten Oliver Reese und Regine Lorenz vom Vorstand des Freundeskreises findet am 10. Januar um 10.30 Uhr statt.
Die langjährige BE-Intendantin Helene Weigel hat das Amt von ihrem Ehemann Bertolt Brecht nach dessen Tod 1956 übernommen und bis zu ihrem Lebensende 1971 überaus erfolgreich geführt. Dass der ungleich repräsentativere und entsprechend zugigere Platz vor dem Theater nach Brecht benannt und mit einer Sitzstatue des Namensgebers bestückt ist, macht das Arrangement zum Denkmal einer kulturell bedeutsamen, privat nicht immer einfachen, durch die brutalen Umstände von Krieg und Exil hoch belasteten Ehe. Sie hielt auch den Strapazen stand, die durch die vielen intensiven außerehelichen Beziehungen Brechts hervorgerufen wurden. — Brecht und Weigel. Platz und Hof. Außen und innen. Diese nach Geschlechtern sortierte Rollenaufteilung kennt das Abendland seit der Antike, in der die Männer öffentliche Belange auf der Polis, den Plätzen und in den Gruppenlatrinen miteinander besprachen, während die Frauen das Haus führten, den Oikos. Von dem Wort leitet sich Ökonomie ab – und schon sind wir bei der spannungsvollen Dualität von Politik und Wirtschaft. Wir wissen alle, wer die Oberhand behält.
Vom Segen der PforteVon der Weigel sind nicht nur Maßstäbe setzende schauspielerische Leistungen, sondern auch eine mütterliche Strenge bei der Ensemblepflege überliefert, die bis zu einer hausinternen Prohibition von Alkohol führte. Auch ihre Beschaffungsvirtuosität ist legendär: Die Drehbühne wurde von Panzerrädern angetrieben, die sie der Roten Armee nach dem Krieg aus dem Kreuz geleiert hat. Während Bertolt Brecht für den Frieden dichtete, verwandelte Helene Weigel Kriegsgerät in Theatertechnik. — Man kann nun vor und nach jedem Theaterbesuch das Machtgefüge dieser Ehe abschreiten, darüber sinnieren und ausprobieren, wo man sich wohler fühlt. Besondere Bedeutung bekommt die stets freundlich und diskret besetzte Pforte mit der Schranke, die die Sphären trennt und verbindet. Eine Einrichtung, die in keiner Ehe fehlen sollte.
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