06.06.2025 – News – NZZ – Sofia Dreisbach — – Details
Trump / Musk
Die Männerfreundschaft Donald Trumps mit Elon Musk endet mit einem öffentlichen Zerwürfnis. Ein hitziger Austausch in den sozialen Netzwerken offenbart: Das könnte schwere Folgen für Amerika haben. — Noch im Februar erklärte Elon Musk, er liebe den amerikanischen Präsidenten «so sehr, wie ein heterosexueller Mann einen anderen Mann lieben kann». Vier Monate später begann er auf seiner Plattform X einen öffentlichen Feldzug gegen Donald Trump. «Ohne mich hätte Trump die Wahl verloren», schrieb Musk am Donnerstag. Die Demokraten hätten das Repräsentantenhaus kontrolliert, die Republikaner keine Mehrheit im Senat errungen. «So undankbar». Es war der Anfang des endgültigen Endes einer der ungewöhnlichsten Allianzen der amerikanischen Politik – zwischen dem mächtigsten und dem reichsten Mann der Welt. Musk hatte Trump im Wahlkampf mit knapp 300 Millionen Dollar unterstützt. — Eine Woche zuvor noch hatte der Präsident den Unternehmer im Oval Office als «Freund» verabschiedet. Er habe mit der «Behörde für Regierungseffizienz» großartige Arbeit geleistet. Offiziell lief die 130-Tage-Frist des Sonderberaters ab, den Trump mit dem rigiden Sparprogramm für die Bundesbürokratie beauftragt hatte. Inoffiziell galt das Verhältnis der beiden Männer als abgekühlt. Gleichwohl sah es nach einem gütlichen Abschied aus, bis Musk in dieser Woche zum Großangriff auf Trumps «großes, wunderschönes Gesetzespaket» blies, das er «widerwärtige Abscheulichkeit» nannte. — Nach einem Seitenhieb Trumps im Beisein von Bundeskanzler Friedrich Merz eskalierte der Konflikt am Donnerstag zur persönlichen Fehde. Der Präsident zeigte sich im Oval Office «sehr enttäuscht» über Musks öffentliche Angriffe. Musk konterte wenige Minuten später auf X.
Ein Schlagabtausch in EchtzeitEs folgte ein Schlagabtausch in Echtzeit. Trump warf dem Tesla-Chef vor, er sei «durchgedreht», weil das neue Gesetz die staatlichen Kaufanreize für Elektroautos streiche. Dann legte er nach: Die «einfachste Art», im Haushalt «Abermilliarden» Dollar zu sparen, sei die Streichung der Subventionen und der Regierungsverträge «von Elon». Tatsächlich sind mehrere von Musks Unternehmen eng mit der Regierung verflochten, etwa das Raumfahrtunternehmen SpaceX, ein wichtiger Partner der NASA, oder der Satelliten-Internetdienst Starlink, der von staatlichen Förderprogrammen profitierte. — Musk reagierte prompt. Angesichts der Aussagen des Präsidenten werde man «mit sofortiger Wirkung» die Flotte der Dragon-Raumschiffe außer Dienst stellen. Das sind jene Kapseln, auf die die NASA für ihre Flüge zur Internationalen Raumstation angewiesen ist. Erst im Frühjahr hatte eine davon zwei amerikanische Astronauten zurück zur Erde gebracht, die nach einer technischen Panne statt weniger Tage neun Monate im All festsaßen.
Musk kündigt Epstein-Bombe anMusk, der in den ersten Monaten von Trumps Präsidentschaft fast täglich an dessen Seite zu sehen war, beließ es nicht bei wirtschaftlichen Drohungen. In einem weiteren Beitrag auf X kündigte er an, nun die «großen Bomben» platzen zu lassen: Trump tauche in den Epstein-Akten auf. «Das ist der wahre Grund, warum sie nie veröffentlicht wurden. Hab einen schönen Tag, DJT!», schrieb Musk. — Die Anspielung zielte auf den Missbrauchsskandal um den Milliardär Jeffrey Epstein an, dem vorgeworfen wurde, Minderjährige zum Sexhandel missbraucht und prominenten Persönlichkeiten zugeführt zu haben. Epstein beging 2019 in Untersuchungshaft Suizid. Trumps Regierung hatte zwar angekündigt, Tausende Seiten an Akten freizugeben – bislang wurden jedoch nur Teile veröffentlicht. Der Rest wird laut dem Justizministerium noch überprüft. — Musk setzte seinen Feldzug fort, indem er auf seinem X-Profil mit 220 Millionen Followern eine Umfrage startete, ob eine neue amerikanische Partei gegründet werden solle, «die tatsächlich 80 Prozent der Mitte vertritt». Dabei schrieb er: «Oh, und ich gebe bei der Beantwortung der Frage zu Bedenken: Trump ist noch dreieinhalb Jahre Präsident, aber mich wird es noch mehr als 40 Jahre geben.» In einem anderen Beitrag stimmte Musk der Forderung zu, Trump solle des Amtes enthoben werden und Vizepräsident J.D. Vance das Präsidentenamt übergeben.
Bereit, bis zum Äußersten zu gehenDer öffentlich ausgetragene Streit trifft die republikanische Partei zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses, hatte die rebellischen Fiskalkonservativen in seiner Kammer ohnehin nur mit Mühe hinter dem «großen, wunderschönen Gesetz» versammeln können, das Haushaltsdefizit um weitere 2,4 Billionen Dollar vergrößern könnte. Im Senat haben die Republikaner eine Neufassung des Gesetzes angekündigt. Nun fürchten einige Republikaner, Musk werde zwar nicht das Gesetz verhindern – wohl aber dessen Rückhalt unter den Wählern zerstören. Musk scheint bereit, bis zum Äußersten zu gehen. — Ein Berater Musks sagte dem Sender NBC am Donnerstag, der Multimilliardär interessiere sich «einen Scheißdreck» für Parteiangelegenheiten und werde die Republikaner «in die Luft jagen». — Am Donnerstag erhielt Trump jedoch Rückendeckung von vielen republikanischen Kongressabgeordneten. Diese warfen Musk vor, den «Verstand verloren» zu haben und mit seinem Aufruf zur Absetzung Trumps maßlos zu übertreiben. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Steve Scalise, versicherte, Musk habe im Falle des Haushaltsgesetzes «keine einzige» Person umgestimmt. Intern hieß es sogar, der Unternehmer tue dem Präsidenten mit seinen Angriffen einen Gefallen: Nun könne sich kaum jemand gegen das Gesetz aussprechen, ohne als Komplize des ausfälligen Musk zu gelten. — Trumps früherer Chefstratege Steve Bannon, ein häufiger Kritiker Musks, legte gleich einen Vorschlag für den Umgang mit dem Abtrünnigen vor. Bannon forderte nicht nur die Kündigung aller Verträge mit dessen Unternehmen, sondern auch Ermittlungen gegen Musk. So solle unter anderem der Aufenthaltsstatus des in Südafrika geborenen Musk, seine Sicherheitsfreigabe und sein angeblicher Drogenmissbrauch überprüft werden. — Wie weit Trump und Musk das öffentliche Zerwürfnis treiben werden, muss sich noch zeigen. Ein kleines Zeichen der Entspannung gab es am Donnerstagabend jedoch. Musk kündigte als Antwort auf einen zur Beruhigung aufrufenden Nutzer von X an, SpaceX werde den Betrieb der Dragon-Raumschiffe doch nicht einstellen. — Mitte April waren sie noch in der Bromance-Phase: Donald Trump, Elon Musk und X Æ A-Xii, einer seiner Söhne, bei einem Mixed Martial Arts-Kampf in Miami (als Zuschauer).
SK-news