Sanktionen erreichen Alltag in Moskau: Abschied vom Westen

24.03.2022NewstazInna Hartwich —   –  Details

stille

In Russlands Shoppingmalls gehen viele Lichter aus: Westliche Ketten ziehen sich zurück. Kunden stehen stundenlang für Kleider und Kosmetik an.

Walentina Afanasjewa schließt die Augen. Für einen kurzen Moment ruft sie sich die Vergangenheit in Erinnerung. «Der Geschmack des Herings, der war unglaublich. Der leckerste Hering meines Lebens.» Sie öffnet die Augen wieder, ein kalter Schauer laufe ihr über den Rücken, sagt sie. Es ist eine Vergangenheit, die Walentina Afanasjewa längst überwunden zu haben glaubte. Sieben Stunden habe sie damals zusammen mit ihrer Mutter für den Fisch angestanden, als Heranwachsende in den chaotischen 1990er Jahren in Moskau. Der Hering kurz vor Neujahr, ein traditionelles Gericht der russischen Feiertagsküche. «Sieben Stunden! Nach so etwas schmeckt wahrscheinlich selbst der trockenste Hering wie der leckerste Kaviar.» Afanasjewa versucht zu lachen, schaut dann aber schnell zu Boden. Sie ist jetzt Mitte 40 und steht wieder in einer Schlange, den Korb in ihrer Hand voller Kleider, die Kasse weit weg. Alle paar Minuten macht sie einen Schritt nach vorn. Nur dieses Mal geht es nicht um Heringe.

 
 

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