Angela Merkels Russland-Politik ist ein trauriges Kapitel

05.08.2022NewsBerliner ZeitungSusanne Lenz —   –  Details

Manfred Quiring

Manfred Quiring war zu DDR-Zeiten und nach der Wende Moskau-Korrespondent der Berliner Zeitung. Putin dürfe nicht durchkommen, sagt er. — Er hat mehr als zwei Jahrzehnte als Korrespondent in Moskau gearbeitet und kennt die Machtverhältnisse in Russland. Vor ein paar Wochen ist ein neues Buch von ihm erschienen: Russland – Ukrainekrieg und Weltmachtträume. Hier analysiert er die Entwicklungen, die zum Krieg geführt haben, und erklärt, welche Rolle der Westen dabei gespielt hat. Wir sprachen mit ihm über Putins Großmachtdenken und fragten ihn, wie dieser Krieg enden könne. — Hier analysiert er die Entwicklungen, die zum Krieg geführt haben, und erklärt, welche Rolle der Westen dabei gespielt hat. Wir sprachen mit ihm über Putins Großmachtdenken und fragten ihn, wie dieser Krieg enden könne.

 

Herr Quiring, Sie schreiben in Ihrem Buch, dass das Selbstverständnis von Russland als Großmacht gar nicht auf Putin zurückgehe, sondern sich über Jahrhunderte entwickelt habe. Wo hat es seinen Ursprung? — — Russland, hervorgegangen aus der von nordischen Waräger-Fürsten beherrschten Kiewer Rus, hat sich aus einem zunächst kleinen, unbedeutenden Gebilde entwickelt, dem Großfürstentum Moskau. Die Stadt selbst wurde 1147 erstmals urkundlich erwähnt. Das Großfürstentum umfasste ein Gebiet, das nur wenig größer war als der heutige Moskauer Oblast. Durch Eroberungen ist Russland gewachsen, und daraus entstand das Selbstverständnis: Solange Russland wächst, ist es bedeutend. Es darf auf keinen Fall kleiner werden, am besten aber gewinnt man Territorien dazu. So wie sich andere Großmächte Kolonien in Übersee zugelegt haben, hat sich die Landmacht Russland Territorien auf dem Festland unter den Nagel gerissen. Wenn wir zu sowjetischer Zeit durch die Länder gereist sind, standen überall Denkmäler, auf denen Jahreszahlen aus dem 15., 16. oder 17. Jahrhundert standen und den «freiwilligen Anschluss» an Russland feierten. Das war das Geschichtsbild, das schon in der Zarenzeit vorherrschte und mit dem auch die Sowjetunion gearbeitet hat. Mit dem Erfolg, dass mir Diplomaten und Militärs der untergegangenen Sowjetunion in den 90er-Jahren erklärten, es herrsche lediglich eine «peredyschka», eine Atempause. Bald gehe es wieder los. Putin fand für sein Großmachtdenken also ein vorbereitetes Feld vor.

 

Manfred Quiring, Jahrgang 1948, aufgewachsen in Berlin, war ab 1973 Redakteur der Berliner Zeitung und zweimal deren Korrespondent in Moskau (1982–1987 und 1991–1995) sowie von 1998 bis 2010 Moskau-Korrespondent der Welt. Er ist Autor zahlreicher Sachbücher über Russland.

 
 

SK-


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