Dizzy Gillespie trifft Conlon Nancarrow

08.10.2022le week-endÖ1Julia Baschiera, Edith-Ulla Gasser —   –  Details

Dizzy Gillespie

le week-end Powerplay – Conlon Nancarrow und Dizzy Gillespie übertrumpfen einander — Zwei Großmeister des permanenten Powerplay gehen freundschaftlich aufeinander los: Der Trompeter Dizzy Gillespie trifft auf den Playerpiano Großmeister Conlon Nancarrow. Dizzy Gillespie eröffnet das Match und holt sich 1960 dazu den späteren Filmmusikgroßmeister Lalo Schiffrin als Komponist und Arrangeur an Bord einer richtig großen Band. Neben Gillespie selbst sind beispielsweise noch weitere vier Trompeter dabei und auch vier Posaunisten und sogar vier Hornisten. Schiffrin und Gillespie sparen nicht mit großen Gesten.

 

Über ein bemerkenswert reduziertes Instrumentarium verfügt hingegen der Komponist Conlon Nancarrow, nämlich «nur» über ein Selbstspielklavier, ein Player Piano, dessen pneumatisch ausgelöste Tastenbewegungen durch gelochte Papierstreifen gesteuert werden. Seit den 1940er Jahren lebte der amerikanische Musiker und Komponist Conlon Nancarrow in Mexiko und erzeugte in mühevoller Kleinarbeit Lochstreifen für das Selbstspielklavier mit seiner eigenen Musik. In dieser Werkstatt entstanden im Laufe von Jahrzehnten in unnachgiebiger Konsequenz, völlig ohne äußerliche Motivation und mit bemerkenswert viel Aufwand und Geduld das so spezielle Oeuvre des Conlon Nancarrow. Als er in den 1940er Jahren mit der Erforschung und musikalischen Umsetzung neuer Tempo- und Geschwindigkeitsrelationen begann, gab es keine Interpreten, die in der Lage gewesen wären, seine metrisch komplexen Kompositionen zu spielen. Und Musikcomputer waren noch in weiter Ferne. Um seine Ideen zu realisieren, wählte er also das selbstspielende Player Piano als sein Ausdrucksmittel: Fast ein Jahr benötigte der so wunderbar sture Conlon Nancarrow, um wenige Minuten Musik in einen Lochstreifen zu stanzen. «Entdeckt», also einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde Conlon Nancarrow übrigens durch György Ligeti, der 1982 für ein allererstes Konzert in Europa sorgte, ausgerechnet in Graz beim steirischen herbst.

Trompeter Dizzy Gillespie hingegen spielt seit den 30er Jahren als professioneller Musiker in den verschiedensten Bands, einmal auch für Jahre bei Cab Calloway, der über den jungen, verrückten Trompeter und seine ungewöhnlichen Soli meinte, er nenne das «chinesische Musik». Ab 1945 geht dann los, wofür Gillespiel und seine Generation berühmt werden sollte, der Bepop; schnelles, virtuoses Jazzspielen in vorerst kleineren Besetzungen. Dizzy Gillespie komponiert in dieser Phase natürlich ebenfalls Stücke und ein bisschen etwas von der «chinesischen» Verrücktheit schwingt bei «Salt Peanuts» schon in der Komposition und nicht erst beim Solieren mit. Mai 1945, New York, Dizzy Gillespie und Charlie Parker spielen mit Rhythmusgruppe im Powerplay-Eiltempo die verrückten «Salt Peanuts».

 
 

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