Wladimir Putin: Der Giftzwerg

22.03.2022NewsThe GuardianDietmar Schumann —   –  Details

Pu / Schumann

Es gab Warnungen, aber Manager und Politiker bejubelten den smarten, dynamischen neuen Kremlherrn — Immer wenn ich den Petersburger Oberbürgermeister Anatoli Sobtschak – er war in den 1990er-Jahren einer der wichtigsten Reformpolitiker Russlands – in Smolny besuchen wollte, musste ich mich vorher bei seinem Vize anmelden. Der war für die Auslandsbeziehungen zuständig. Ein schmächtiger Typ, gut Deutsch sprechend, sein Gegenüber leicht spöttisch musternd: Wladimir Putin.

 

— Petersburger Freunde hatten mich gewarnt: «Sei vorsichtig mit dem, lass dich nicht aushorchen. Das ist ein KGB-Mann!» Dass dieser biedere Rathaus-Angestellte einmal Russlands allmächtiger Kreml-Herrscher werden würde, ist mir damals nicht im Traum eingefallen.

 

— Als dieser Wladimir Putin im August 1996 plötzlich im Kreml auftauchte, als Chef der Liegenschaftsverwaltung, sprach sich schnell herum, dass er sein Deutsch in Dresden erlernt hatte. Von 1985 bis 1990. In der KGB-Villa in der Angelikastraße 4 war er aufgestiegen vom Hauptmann zum Oberstleutnant. Zuständig für die Ausforschung des DDR-Kombinats Robotron und den Aufbau eines Moskau-treuen Agentennetzes.

 

— Für das ZDF-Magazin «Kennzeichen D» reiste ich nach Sachsen, um nachzuforschen: Wer kannte Putin? Was ist das für ein Mensch? Womit beschäftigte er sich? — — Ich traf in Dresden ehemalige SED-Parteifunktionäre und Offiziere der Bezirksverwaltung des MfS. Keiner sagte mir auch nur ein einziges Wort über Putin. Aber ich erfuhr: Abgesandte des FSB (KGB-Nachfolger) waren in Dresden aufgetaucht und hatten allen, die Putin kannten, bei Strafe verboten, sich über ihn öffentlich zu äußern.

 

— Doch ich bekam einen Tipp: Suche nach Nadja, eine frühere Dolmetscherin in der KGB-Villa! Ich fand Nadja in Weißwasser. Die attraktive blonde Frau verkaufte Veritas-Nähmaschinen aus alten DDR-Beständen vor einem Einkaufszentrum.

 

— Vor Kamera und Mikrofon des ZDF wollte sie nicht treten, ihre Angst war zu groß. Doch nach gutem Zureden und drei Glas Wodka vertraute sie sich mir an: «In der Dresdener KGB-Villa nannten wir diesen Putin unter uns den Giftzwerg. Weil er ein Intrigant war, durch und durch. Ein übler Typ, nach unten tretend, nach oben buckelnd. Schlau, hinterhältig und ein rücksichtsloser Karrierist. Jetzt sitzt er im Kreml. Du wirst sehen, mit dem haben sie noch viel vor.» — — Nadja sollte recht behalten. Im Mai 1998 wurde Wladimir Putin Vizechef der russischen Präsidialverwaltung. Steil ging es weiter nach oben. Am 25. Juli 1998 Direktor des Inland-Geheimdienstes FSB, am 9. August 1999 ernannte ihn Jelzin zum russischen Ministerpräsidenten.

 
 

SK-


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