Ohnmacht, Schuld und Widerstand / Als Russin im Exil

10.11.2022NewsFAZ onlineIrina Peter —   –  Details

Journalistin Liza

Liza* arbeitet für das oppositionelle Magazin Doxa. Sie ist eine von über 113.000 Russinnen und Russen, die 2022 nach Georgien ausgewandert sind.

 

— Anfang November sitzt Liza* in einem Café in Tbilissi, ihr Blick wandert immer wieder zur Kura, dem Fluss, der sich schlängelnd durch Georgiens Hauptstadt zieht. Seine grüngraue Farbe beruhige sie, sagt sie. Fast neun Monate nach Kriegsausbruch seien ihre Ohnmacht und das Schuldempfinden etwas gewichen. Als sie am Morgen des 24. Februar in den Nachrichten las, dass ihr Heimatland Raketen auf Städte warf, in denen ihre Freunde lebten, sei sie wie gelähmt gewesen.

 

«Mir erschien das russische politische System wie ein Ehemann, der seine Kinder schlägt», sagt die 28-jährige Journalistin aus St. Petersburg, die an einer linksliberalen, privaten Universität in St. Petersburg in Gender Studies promoviert. «Und diejenigen, die versuchen, dagegen etwas zu tun, sind seine Ehefrau, die ihn nicht daran hindern kann. Du kannst nichts dagegen tun, dass man dein Kind tötet.» — Seit März lebt Liza in Tbilissi. Sie ist damit eine von über 113.000 Russinnen und Russen, die seit Jahresanfang dauerhaft in das südkaukasische Land gezogen sind. Viele verließen das Land erst nach der russischen Mobilmachung Ende September – und nicht alle kamen, weil sie Putins Politik ablehnten. Liza lehnt diese schon seit ihrer Schulzeit ab, erzählt sie. Seit 2011 nahm sie an Demonstrationen teil, verhaftet wurde sie aber nie. Es sei in den vergangenen Jahren aber auch kein großes Ding gewesen, in Haft zu geraten: «Dann sitzt du halt zwei Wochen, und fertig.»

 
 

SK-


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