Das Jazzlabel FMP / Der diskrete Charme des freien Jazz

07.11.2022NewsFAZ onlineWolfgang Sandner —   –  Details

FMP Living

Totale auf eine deutsche Musikerinitiative mit internationaler Wirkung: Ein Band dokumentiert die Geschichte des Labels Free Music Production.

 

Auch Bücher können brüllen. Vor allem, wenn sie sich mit lauter Musik befassen und voluminös auftreten. Markus Müllers «Free Music Production: FMP – The Living Music» ist vierhundert Seiten dick, großformatig und beschäftigt sich mit jenen Klängen, die nach einem unseligen Wort des Bassisten Peter Kowald die Kaputtspielphase des Jazz repräsentieren. Es ist dennoch ein leises Buch. Das liegt am unaufgeregten Sprachduktus des Herausgebers und an den vielen nahezu intimen Fotos dieses Bild- und Dokumentationsbandes über eines der bemerkenswertesten Tonträger-Labels Europas mit Nachhall bis Amerika.

 

Gewiss, was seit den aufgewühlten Sechzigerjahren von einer Reihe radikaler Jazzmusiker in oft nächtelangen Séancen produziert, vor allem aber dann in einem selektiven Hörprozess durch die Öffentlichkeit wahrgenommen worden ist, hatte wenig zu tun mit dem, was von Louis Armstrongs Hot Jazz bis zu Thelonious Monks Bebop – vom Swing eines Benny Goodman gar nicht erst zu reden – allgemein unter Jazzmusik verstanden wurde. Aggressiv, chaotisch, zersetzend erschien alles, was seit Don Cherrys Auftritten im New Yorker Five Spot Ende der Fünfzigerjahre und den Aufnahmen mit seinem legendären Doppelquartett wenig später als «Free Jazz» gekennzeichnet, man könnte auch sagen: gebrandmarkt wurde.

 

Künstler wie Peter Brötzmann, Alex ander von Schlippenbach, Manfred Schoof, Donata Höffer, Gunter Hampel, Buschi Niebergall oder eben Peter Kowald hatten sich hierzulande etwa zur selben Zeit auf Klangspurensuche begeben wie ihre amerikanischen Bundesgenossen um die Chicagoer Selbsthilfeorganisation AACM und die Jazz Composers Guild von Bill Dixon oder Musikerinitiativen wie der holländische Instant Composers Pool von Han Bennink, Misha Mengelberg und Willem Breuker oder das Spontaneous Music Ensemble in England.

 

«Free Music Production» FMP – The Living Music. Hrsg. v. Markus Müller. Wolke Verlag, Hofheim am Taunus 2022. 400 S., Abb., br., 39,– €.

 
 

SK-


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