Literatur schlägt Leben – Eine Lange Nacht über Ingeborg Bachmann

17.06.2023Lange NachtDeutschlandfunk KulturHelmut Böttiger —   –  Details

Ingeborg Bachmann

Die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann bei der Verleihung des Wildganspreises, 1972. Je nach jeweiligem Zeitgeist wechseln die Zuschreibungen über ihr Leben zwischen Heiligenlegende und Boulevardmelodram. — Ingeborg Bachmann gilt als eine der größten Schriftstellerinnen ihrer Zeit, und sie eignete sich schon sehr früh als Projektionsfläche. Die Porträts von ihr widersprechen sich oft. Für viele ist sie, etwa durch ihren Roman «Malina» von 1971, eine feministische Ikone, andere wiederum sehen in ihr eher eine haltlose, drogenabhängige Frau. Je nach dem jeweiligen Zeitgeist wechseln die Zuschreibungen zwischen Heiligenlegende und Boulevardmelodram. Vor allem ihr früher Tod 1973 im Alter von 47 Jahren scheint das zu befeuern: Sie war nach der Einnahme von Tabletten im Bett mit einer brennenden Zigarette in der Hand eingeschlafen. Die «Lange Nacht» zeigt Ingeborg Bachmann vor allem als eine Frau, die zu früh kam. Ihre Gedichte waren in den 1950er-Jahren aufsehenerregend, und sie versuchte, als freie Schriftstellerin ein emanzipiertes Leben zu führen – in einer Zeit, als das noch nicht vorgesehen war. Das ist das Zentralmotiv ihrer Biografie und erklärt auch ihre spätere Lebenskatastrophe. Der Vergleich mit Gottfried Benn wirkt dabei sehr erhellend: Benns viele Altersaffären verstärken heute eher seine Aura, bei Bachmann hingegen wird wieder von «Sich jedem an den Hals werfen» gesprochen, von «Selbstzerstörung». Die Literatur diente Ingeborg Bachmann bereits früh zur Selbstdefinition. Sie inszenierte ihr Leben als Spiel, als Theater – aber im Lauf der Zeit wurde das zu einer Überforderung. Für eine Radionacht ist ihr Verhältnis zur Musik besonders ergiebig. Einmal schrieb sie über Maria Callas – und insgeheim über sich selbst: Die Callas habe «auf der Rasierklinge gelebt», sie sei «das letzte Märchen» gewesen, «die letzte Wirklichkeit». Und sie fasst zusammen: «Die Callas – ja, wann hat sie gelebt, wann wird sie sterben? – ist groß, ist ein Mensch, ist unvertraut in einer Welt der Mediokrität und der Perfektion.»

 
 

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