Die Furcht vor dem Chaos ist grösser als der Unmut gegenüber den Eliten – Prigoschins Aufstand hatte wenig Chancen

26.06.2023NewsNZZMarkus Ackeret —   –  Details

Gruppe Wagner

Der Chef der paramilitärischen Gruppe Wagner sprach vielen Russen aus dem Herzen. Mit seiner Meuterei überschritt er aber eine rote Linie. Sein Scheitern wird kaum folgenlos bleiben. — Jewgeni Prigoschin hat es immer vermieden, Präsident Wladimir Putin direkt anzugreifen. Nicht ihn machte er für all die Missstände verantwortlich, die er seit Monaten bei der Kriegführung in der Ukraine und überhaupt in der Armee anprangerte. Selten ging seine Kritik über die Arbeit des Verteidigungsministeriums und von dessen Chef, Sergei Schoigu, sowie der höheren Generalität hinaus. Noch am Freitag griff er Schoigu, seinen Intimfeind, frontal an und machte ihn, nicht Putin, für die Entscheidung zum Krieg gegen die Ukraine verantwortlich. — Der Chef der paramilitärischen Gruppe Wagner sprach vielen Russen aus dem Herzen. Mit seiner Meuterei überschritt er aber eine rote Linie. Sein Scheitern wird kaum folgenlos bleiben.Putin, in gewissem Sinne Prigoschins Sponsor, schien in dessen Augen von alldem entrückt und selbst ein Opfer der böswilligen Untergebenen zu sein. Auch dann, als Prigoschin von einem «glücklichen Grossvater» sprach, von dem Russlands Zukunft abhänge und der sich doch auf einmal als «perfekter Wichser» erweisen könnte, wand er sich heraus, obwohl der Bezug manchen allzu offensichtlich erschien.

 

Kein ideologischer Gegner Putins — Prigoschin, ganz der Populist, verstand nicht nur, dass bei Putin eine rote Linie liegt. Er wusste auch um die Stimmung in der Bevölkerung, die seit Jahren Putins Herrschaft zwar wenig enthusiastisch gegenübersteht, aber den Präsidenten stets vom Rest der Staatsführung und der Bürokratie trennt. Der Krieg gegen die Ukraine hat Putin sogar noch zu grösserer Popularität verholfen. Im Zweifel entscheiden sich die meisten Russen noch immer für ihn.

 

Prigoschin ist auch kein ideologischer Gegner Putins. Die Kritik am Krieg bezog sich in erster Linie auf die Kriegsführung. Von ihm sind keine freundlichen Worte über die Regierung in Kiew oder über den Westen verbürgt. Sie sind genauso seine Feinde, wie sie die Feinde des Kremls sind. Ihn als «Agenten des Westens» darzustellen, wäre absolut lächerlich. Prigoschin rief im Gegenteil immer wieder zu härterem Vorgehen auf. Er ist ein Schlächter, kein Menschenfreund, auch wenn er immer so tut, als beklagte er die hohen Verluste. — Angehörige der paramilitärischen Gruppe Wagner sitzen auf einem Panzer in Rostow am Don, kurz bevor sie den Rückzug aus der Stadt antreten. Derweil machen Schaulustige Fotos.

 
 

SK-


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