Spionage-Experte erklärt, vor wem sich Putin während Wagner-Revolte wirklich fürchtete

02.07.2023NewsFocus OnlineFSB —   –  Details

Andrej Soldatow

Machtkampf in Russland — Was passierte im Kreml während der Wagner-Revolte? Ein Geheimdienstexperte gibt nun seien Einschätzungen zu den internen Vorgängen in Putins Machtzentrale und erklärt, an wen sich Putins Botschaften an dem Tag wirklich richtete. — Vor einer Woche wankte Wladimir Putins Machtapparat. Der Söldnerboss Jewgenij Prigoschin hatte die Großstadt Rostow handstreichartig übernommen und befand sich am 24. Juni, einem Samstag, mit seinen Truppen auf dem Marsch in Richtung Moskau. Ein angeblich vom belarussischem Machthaber Alexander Lukaschenko vermittelter Deal wendete weitere Gefahr für den russischen Präsidenten Putin ab. — Geheimdienstexperte: FSB wollte sich nicht einmischen — Ein russischer Geheimdienstexperte erklärte nun in einem Interview, dass die russischen Dienste seiner Meinung nach vorher von der Revolte des einstigen Putin-Vertrauten wussten, aber möglichweise bewusst nichts unternommen hätten. «Ich bin mir sicher, dass es vorab Hinweise auf die Aktion gab», sagte der im Exil lebende Andrej Soldatow dem «Spiegel». Der FSB, der für die militärische Spionageabwehr zuständig ist, hat seine eigenen Leute in den Reihen der Wagner-Gruppe, und außerdem ist Wagner eine sehr große Organisation.» — Doch möglicherweise wollte sich der mächtige Geheimdienst nicht in den internen Machtkampf zwischen Prigoschin und Putin einmischen. «Wenn du eingreifst und die Seiten sich dann doch einigen, dann bist du am Ende plötzlich selbst der Schuldige. Deshalb wurde nichts nach oben gemeldet. Ich habe gehört, dass die FSB-Verwaltung in Rostow sich am Samstagmorgen einfach in ihrem Gebäude verbarrikadiert hat.»

Im Laufe des fraglichen Samstags rückten die Wagner-Truppen von Rostow aus immer weiter Richtung Norden und der russischen Hauptstadt Moskau. Der russische Präsident Putin verurteilte dann in einer Videobotschaft die bewaffnete Revolte und kündigte an, dass sich die Verantwortlichen «vor Gericht und vor dem Volk» verantworten müssten. Doch diese harte Linie hielt nur kurz. Stunden später gab es einen Deal, dem Wagner-Chef und seinen Söldnern wurde Straffreiheit und die Ausreise ins befreundete Belarus in Aussicht gestellt. — Doch möglicherweise wollte sich der mächtige Geheimdienst nicht in den internen Machtkampf zwischen Prigoschin und Putin einmischen. «Wenn du eingreifst und die Seiten sich dann doch einigen, dann bist du am Ende plötzlich selbst der Schuldige. Deshalb wurde nichts nach oben gemeldet. Ich habe gehört, dass die FSB-Verwaltung in Rostow sich am Samstagmorgen einfach in ihrem Gebäude verbarrikadiert hat.»

Im Laufe des fraglichen Samstags rückten die Wagner-Truppen von Rostow aus immer weiter Richtung Norden und der russischen Hauptstadt Moskau. Der russische Präsident Putin verurteilte dann in einer Videobotschaft die bewaffnete Revolte und kündigte an, dass sich die Verantwortlichen «vor Gericht und vor dem Volk» verantworten müssten. Doch diese harte Linie hielt nur kurz. Stunden später gab es einen Deal, dem Wagner-Chef und seinen Söldnern wurde Straffreiheit und die Ausreise ins befreundete Belarus in Aussicht gestellt.Putin hatte Angst – aber nicht vor Prigochin — Putin, so sieht es der Geheimdienstexperte Andrej Soldatow, hatte große Angst. Aber nicht vor Prigoschin, denn dieser habe nicht vorgehabt, Putin zu stürzen und habe keinen Aufruf zum Staatsstreich veröffentlicht. Der russische Diktator habe vielmehr die Sorge gehabt, «dass Elemente der Armee das alles für eine ernsthafte Krise halten und anfangen, jetzt auch selbst Forderungen an die Armeeführung zu stellen». Aus Furcht vor interner Kritik habe Putin dann die Videobotschaft aufgenommen. «Die richtete sich gar nicht an Prigoschin, sondern an die Militärs, er wollte ihnen mitteilen: Schließt euch da nicht an. Mit dem Mann kann es keine gemeinsame Front geben.»

Zwar konnte Moskau den Wagner-Chef vorerst ruhig stellen, er soll sich mittlerweile in Belarus befinden. Doch der Ukraine-Krieg hat nach Einschätzung des US-Auslandsgeheimdienstes eine «zersetzende» Wirkung auf die russische Führung unter Präsident Wladimir Putin. Die Enttäuschung in Russland über den Krieg biete der CIA neue Möglichkeiten, Geheimdienstinformationen zu sammeln, sagte CIA-Direktor William Burns laut BBC auf der jährlichen Vorlesung der Ditchley Stiftung in der englischen Grafschaft Oxfordshire am Samstag (Ortszeit) – eine Woche nach der gescheiterten Revolte der Söldnergruppe Wagner in Russland. «Diese Unzufriedenheit schafft eine einmalige Gelegenheit für uns bei der CIA», sagte Burns mit Blick auf die Rekrutierung von Agenten. «Wir werden diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen.´»

Burns sagte, die Aktionen von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin seien «eine lebhafte Erinnerung an die zersetzende Wirkung von Putins Krieg auf seine eigene Gesellschaft und sein eigenes Regime.» Prigoschins — Handlungen und Äußerungen würden noch einige Zeit nachwirken. «Die Enttäuschung über den Krieg wird weiterhin an der russischen Führung nagen.»

Wagner-Södner bauen Militärlager auf — Die Söldnergruppe Wagner selbst baut laut Einschätzung von US-Experten nach ihrer gescheiterten Revolte in Russland drei Militärlager im mit Moskau verbündeten Belarus auf. «Neue hochauflösende Satellitenbilder, die am 30. Juni gemacht wurden, zeigen auf einer ehemaligen Militärbasis in Belarus mindestens 303 Zelte, in denen 20 bis 50 Personen untergebracht werden können», schrieb das in Washington ansässige Institut für Kriegsstudien (ISW). Die Zelte seien innerhalb der letzten Woche aufgetaucht. Daneben gebe es Berichte über Pläne für zwei weitere Lager im Westen von Belarus. — In der vergangenen Woche hatten bereits mehrere unabhängige russische und belarussische Medien über den Aufbau von mindestens einem Militärlager in Belarus berichtet, das für die Unterbringung von Wagner-Söldnern gedacht sei. Offiziell wurden diese Berichte bislang nicht bestätigt. Die Satellitenaufnahmen des mutmaßlichen Wagner-Lagers bei der Stadt Assipowitschy veröffentlichten inzwischen auch westliche Medien wie die «Washington Post».

 
 

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