Andauernde Kampfzone – Zur Person: Michel Houellebecq

19.08.2023DiagonalÖ1Petra Erdmann —   –  Details

Michel Houellebecq

Michel Houellebecq – Schriftsteller, Star, Skandalnudel – gehört zu den wichtigsten Autoren der Gegenwart. Seine Bücher werden in über vierzig Ländern veröffentlicht. Nun gibt es einen neuen skandalösen Casus Houellebecq. — Michel Houellebecq rechnet wieder einmal ab. Diesmal mit dem umstrittenen niederländischen Künstler:innenkollektiv «Kirac» in seiner im Juli auf Deutsch erschienenen dokumentarischen Schrift «Einige Monate in meinem Leben». Was hier nach einem schlechten Plot in einem Roman des Schriftstellers klingt, liefert einen handfesten Skandal über die Scheinheiligkeit der Kunst und Künstler: Houellebecq hatte zugestimmt, einen Porno mit «Kirac» zu drehen und diesen zu veröffentlichen. Jetzt bestreitet er dies und polarisiert ganz aktuell, aber auch mit seiner literarischen Vergangenheit. — Beinahe unbemerkt bleibt Anfang der 1990er Jahre Houellebecqs Erstlings-Roman: «Ausweitung der Kampfzone» – gewissermaßen eine Reisegeschichte. Darin protokolliert der Programmierer einer Pariser Softwarefirma nüchtern seine Vereinsamung. Erst Jahre später erscheint das Buch in deutscher Übersetzung. Es schlägt mit voller Wucht ein und ist schließlich ein Riesenerfolg. Dann, 1998, der Roman «Elementarteilchen» – mit ihm erfand sich Houellebecq als Skandalnudel. Es ist ein literarisches Zeit- und Zerrbild der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Und Houellebecq geht dabei – literarisch – über Leichen. Er macht die Wiener Aktionisten für die Serienmörder und Satanisten als Vorläufer dingfest, denn «unter dem Deckmantel eines Happenings hatten die Wiener Aktionisten Nitsch, Mühl oder Schwarzkogler öffentlich Tiermassaker vollzogen.» Die Leserschaft und auch die Kritik mochte das. Mehr als 400.000 Exemplare gingen allein in Frankreich über die Ladentische. Es folgten Übersetzungen in 22 Sprachen. — Houellebecq sollte seinen Skandalerfolg mit einem späteren Wurf, «Die Unterwerfung», noch einmal überbieten. In seinem 2015 erschienenen Roman, schildert der heute 64-jährige Provokateur ein islamisch gewordenes Frankreich. 2022 ist nun Houellebecqs neuer Roman erschienen: «Vernichten» ist eine Abrechnung mit der heutigen Gesellschaft, ein Memento mori, ein flackerndes Bild von Glauben und Liebe. Er bleibt seinen vielen Themen treu: der Westen zerstört sich selbst. Die Ursachen und der Treibstoff dieses Prozesses sind für ihn der Neoliberalismus, der Finanzkapitalismus, Spitzentechnologie und Fortpflanzungs-industrie, die Macht der Medien, die Migration; der Egozentrismus, die Auflösung von Ehe und Familie, das Elend des Menschen ohne Gott (und ohne Sex). Trotzdem lernen wir diesmal einen – wenn auch nur eine Spur – sanfteren Houellebecq kennen. Erschienen ist «Vernichten» vor dem aktuellen Urnengang Frankreichs zur Präsidentschaftswahl. Das Buch spielt im Jahr 2027 – auch dann wird wieder gewählt. — Mit Beiträgen von Christoph Winder, Antonia Löffler, Klaus Nüchtern, Peter Zimmermann, Erich Klein, Cornelia Primosch und Leonie Heitz. — Erstausstrahlung: 23.04.2022

 
 

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