Karina Canellakis am Pult des RSO / ORF Radio-Symphonieorchester Wien

07.11.2023KonzertÖ1Anna Jagenbrein – Marie-Theres Himmler —   –  Details

Karina Canellakis

ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigentin: Karina Canellakis. Katerina Knezikova, Sopran; Lena Belkina, Alt; Ales Briscein, Tenor; Jan Martinik, Bass; Wiener Singverein, Chor. Béla Bartók: Vier Stücke für Orchester op. 12 Sz 51; Antonin Dvorak: Die Waldtaube – Symphonische Dichtung c-Moll op. 110; Leos Janacek: “Msa glagolskaja”/”Glagolitische Messe” (aufgenommen am 22. Oktober im Großen Musikvereinssaal in Wien in 5.1 Surround Sound) Im Jahr 863 ziehen die Brüder Konstantin und Method in das Reich des großmährischen Fürsten Rastislav. Ihr Auftrag: die Bekehrung und Vereinigung der Bevölkerung im christlichen Glauben. Im Gepäck haben sie dafür – neben den Reliquien des heiligen Clemens – ein wertvolles Geschenk: eine neu entwickelte slawische Schrift für eine gemeinsame slawische Sprache. Der “Glagoliza” liegt als sogenannter Abstandsschrift grundsätzlich die Logik der lateinischen oder griechischen Schrift zugrunde. Konstantin erfindet ein eigenes Alphabet, das zusätzlich die Laute der slawischen Sprache inkludiert. Nachdem der Widerstand der deutschen Kirchenfürsten, die auf lateinischer oder griechischer Schrift zur Mission bestanden hatten, gebrochen war, entwickelte sich das Missionsunternehmen zu einem ungeheuren Erfolg. Die altslawische Sprache und Schrift wurden – zumindest für kurze Zeit – für die Liturgie zugelassen, mit einer Bibelübersetzung ins Glagolitische wurde die Heilige Schrift noch mehr Menschen zugänglich gemacht. Mehr als 1.000 Jahre später greift Leos Janacek die kirchenslawische Sprache in einem seiner letzten Werke wieder auf. Der Komponist sympathisiert mit dem Panslawismus, einer Bewegung, die sich für die kulturelle, religiöse und politische Einheit aller slawischen Völker in Europa einsetzte. In der “Msa glagolskaja”, der “Glagolitischen Messe”, ist die altslawische Sprache einerseits Symbol für die Verbindung aller slawischer Völker untereinander und dient andererseits der Abgrenzung zu jenen Kirchen, die weiterhin dem lateinischen Ritus folgen. In der Ausführung folgt Janacek dabei aber keinen Dogmen. Der altslawische Text wird einfachheitshalber an die tschechische Aussprache angepasst: Der Wortakzent liegt auf der ersten Silbe, vermieden wurden die originalen altslawischen Nasallaute, die es im Tschechischen nicht gibt. Auch musikalisch lehnt er das Werk nicht an den ehrfürchtigen Tonfall der lateinischen Messen an. Er versucht viel mehr ein Bild eines religiösen Empfindens zu vermitteln, das auf einem pantheistischen Erleben der Natur beruhte und im Panslawismus eine gewisse Popularität genoss. Janacek notierte dazu selbst: “Und immer duften die feuchten Wälder von Luhacovice wie Weihrauch. In neblige Fernen wuchs mein Dom, riesengroß wie Gebirge und Himmelswölbungen, das Läuten besorgten die Glöckchen der Schafe. Einen Hohepriester höre ich im Tenorsolo, den Engel im Sopran des Mädchens, im Chore unser Volk. Die Kerzen – ranke Tannen im Wald, von Sternen entzündet. Und in der Zeremonie, dort irgendwo, sehe ich die fürstliche Gestalt des Heiligen Wenzel.” Von dieser poetischen Betrachtung der Natur ist es nur ein kleiner Schritt zu Dvoraks “Waldtaube”. Sie ist Teil eines Zyklus sinfonischer Dichtungen, die der Komponist der folkloristischen Balladensammlung “Kytice” (“Blumenstrauß”) des tschechischen Dichters Karel Jaromir Erben – der übrigens mit einer süd-panslawistischen Bewegung sympathisierte – entnommen hatte. Impressionistisch und ebenfalls poetisch schließlich das dritte Stück des Abends: Bela Bartoks “Vier Stücke für Orchester”.

 
 

SK-


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