Tausendundein Tag: Sergei Paradschanows ‹Kerib, der Spielmann› ist nicht von dieser Welt

30.12.2023NewsBerliner ZeitungClaus Löser —   –  Details

Sergei Paradschanow

Vor 100 Jahren kam der Mann auf die Welt, der das Filmwunder «Ashik Kerib» erschaffen hat: Das Krokodil und das Arsenal ehren Sergei Paradschanow. — Am Ende filmt die Kamera eine Kamera. Aus dem Off flattert eine weiße Taube ins Bild, sie nimmt auf dem Apparat Platz. Der Heilige Geist segnet somit das Kino – eine schöne Utopie. Es folgt der Abspann, an dessen erster Stelle mit einer Widmung an Andrei Tarkowski. Sergei Paradschanow, der Regisseur des eben zu Ende gehenden Films, und Tarkowski waren seit 1962 eng befreundet. Immer wieder haben sie versucht, sich gegenseitig zu unterstützen. Beide litten zeitlebens unter Zensur-Eingriffen durch das sowjetische Kulturministerium und waren geheimdienstlichen Verfolgungen ausgesetzt. Paradschanow, zwischen 1948 und 1982 dreimal in Haft, unter anderem wegen «Sodomie», drehte «Kerib, der Spielmann» 1987 im Zeichen der Perestroika. Es sollte sein letzter Film werden. Er verstarb 1990 in Tiflis. Tarkowski war ihm 1986 vom Pariser Exil aus vorangegangen.

«Ashik Kerib», wie das Werk nach dem gleichnamigen Märchen von Michail J. Lermontow im Original heißt, ist ein Wunder von Film. Es ist unmöglich, seine Einzigartigkeit in Worte zu fassen. Er versetzt in jenes Staunen, dem Peter Handke eine gesundende Wirkung beimisst, denn «wer nicht mehr staunt, der hat die Zwischenräume verloren.» Paradschanow öffnet solche Durchlässe, macht Verborgenes sichtbar, insistiert auf der Kraft der Imagination als Überlebensmittel. — Sergei Iossifowitsch Paradschanow (1924–1990)

 
 

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