Die west-östliche Dichterin / Elke Erb im Alter von 85 Jahren gestorben

23.01.2024NewsFAZ onlineAndreas Platthaus —   –  Details

Elke Erb

Spät bekam sie den Büchnerpreis, doch schon früh war sie eine zentrale Stimme der gesamtdeutschen Lyrik – über die Systemgrenzen hinweg. Nun ist die Dichterin Elke Erb im Alter von 85 Jahren gestorben. — Als sie 2020 den Büchnerpreis erhielt, war das eine längst überfällige Ehrung für Elke Erb. Denn da war sie schon seit mehr als einem halben Jahrhundert eine der prägenden deutschsprachigen Lyrikerinnen – eine Grenzüberschreiterin in ästhetischem wie in politischem Sinne.

 

Das hatten Leben und Kunst so gefügt. Die 1938 in der Eifel geborene Tochter eines Literaturwissenschaftlers, der mit seiner Familie 1949 nach Halle gezogen war, um in der sozialistischen Ostzone ein besseres Nachkriegsdeutschland aufzubauen, schlug zunächst einen für die DDR ideologisch geradezu mustergültigen Weg ein: von der Landarbeiterin zum geisteswissenschaftlichen Studium, dann erfolgte ihr Eintritt ins Verlagswesen und schließlich seit 1966 eine Karriere als freie Schriftstellerin, seit 1975 mit publizistischer Heimat im Aufbau-Verlag, der renommiertesten literarischen Adresse in der DDR. Doch eine Ideologin war sie nie, weder ästhetisch noch politisch. — Genau das machte sie zu einer Zentralgestalt zunächst der ost- und später dann der gesamtdeutschen Lyrikszene. Gemeinsam mit ihrem Mann Adolf Endler prägte sie in den Siebzigerjahren die junge Literatur in der DDR, erst noch in Halle und dann in Ost-Berlin; dort waren beide wichtige Protagonisten der Prenzlauer-Berg-Szene – einer der bekanntesten Gedichtbände von Elke Erb trägt denn auch den Titel «Kastanienallee», und man darf annehmen, dass sie die Assoziation mit dem Album «Chausseestraße 131» des ausgebürgerten Wolf Biermann bewusst riskiert hat. Ihr Buch erschien 1987 bei Aufbau, doch da hatte sie längst Standbeine in Westdeutschland: Die Verlage Wagenbach und DVA hatten Lyrikbände von Erb herausgebracht; bei Kiepenheuer & Witsch in Köln hatte sie bereits 1984 gemeinsam mit Sascha Anderson eine Anthologie west- und ostdeutscher Lyrik herausgegeben – sie nutzte konsequent und mit Chuzpe die literarischen Möglichkeiten beider deutschen Staaten. Ihre erste Auszeichnung bekam sie bezeichnenderweise 1988 in der Bundesrepublik, allerdings für die Ost-Publikation «Kastanienallee»: den Peter-Huchel-Preis. Es war der Auftakt zu einem Reigen an Auszeichnungen, der seinen Höhepunkt schließlich im Büchnerpreis fand.

 
 

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