Das ‹Ich› im Digitalen Raum

31.01.2024Salzburger NachtstudioÖ1Till Köppel —   –  Details

Ich-Raum

Wir leben im Zeitalter des «Individualismus» – das sagen zumindest jene Trendforscher:innen, die sich seit zwanzig Jahren mit dem Phänomen der modernen Einzigartigkeit beschäftigen.

 

Die Philosophin Eva Illouz spricht sogar vom «Hyperindividualismus», der sich dadurch auszeichnet, dass gesellschaftliche Probleme zu persönlichen erklärt werden. Der von ihr postulierte «Therapeutische Diskurs», in dem wir uns vor allem über unseren psychischen Zustand austauschen, befördere die Ich-Zentriertheit der Menschen.

 

— Dass das «Ich» im Zentrum unserer gesellschaftlichen Überlegung steht, ist nicht neu. Seit der Romantik und dem wachsenden Bewusstsein für freies, selbstbestimmtes Denken und Handeln ist auch das Individuum – jede/r Einzelne – zunehmend in den Fokus gerückt. Mit der Digitalisierung scheint die Sehnsucht danach «einfach man selbst zu sein» weiter zu wachsen. Social Media Profile sollen möglichst authentisch, unverstellt und spontan wirken – ihr Kuratieren und Bearbeiten beweist allerdings das Gegenteil. Während sich die Kunst als Abkehr und Ausweg aus der Wirklichkeit verstehen darf, scheint der Alltag immer mehr vom Bedürfnis nach dem Realen – nach Authentizität – geprägt zu sein.

 

Dieses Verständnis von Authentizität spitzt sich in besagten Social Media Profilen zu und wird zur «Profilizität», wie es der Philosoph Hans-Georg Möller beschreibt. Eine Art Post-Authentizität. George Herbert Meads Theorie über das Selbst zeigt, dass wir erst durch das Gegenüber eine vollständige Identität entwickeln. Der Profilizität ist hingegen eine Widersprüchlichkeit immanent. Sie ist das Zusammenbasteln einer Identität: Nicht nur auf Basis dessen, was die Gesellschaft von einem sehen möchte, sondern auch wie man selbst gesehen werden will. Im Umgang mit den selbsterstellten Profilen sind wir aufrichtiger als zu unserem eigenen Selbst. Antikapitalismus-Demonstrationen würden mit dem Konsumprodukt des 21. Jahrhunderts – dem Iphone – gefilmt und das Ergebnis auf Instagram gepostet, ohne die eigene Glaubwürdigkeit zu hinterfragen. Dadurch werde nicht nur unser Verständnis von Authentizität, sondern auch jenes von Aufrichtigkeit verworfen. Ein Salzburger Nachtstudio von Till Köppel

 
 

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