Sahra Wagenknecht über Russland: Ich traue Putin nicht

18.03.2024Newstaz onlineDaniel Bax, Stefan Reinecke —   –  Details

Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht lehnt Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine ab und fordert Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten. wochentaz: Frau Wagenknecht, soll der Westen der Ukraine keine Waffen mehr liefern? Sahra Wagenknecht: Seit zwei Jahren wird uns erzählt, die nächste Waffengattung sei der Gamechanger. In Wahrheit geht nur das Sterben weiter. Die Ukraine steht jetzt massiv unter Druck, weil ihr die einsatzfähigen Soldaten ausgehen. Der Westen sollte Russland anbieten, keine Waffen mehr zu liefern, wenn Russland dafür zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen bereit ist. Das setzt allerdings voraus, dass auch die Ukraine dazu bereit wäre. Wie können Sie ausschließen, dass Putin diese Zeit nicht zur Aufrüstung nutzt, um die Ukraine endgültig zu unterwerfen? Die Frage ist: Was will Russland? Viel spricht dafür, dass Russland mit diesem Krieg vor allem einen absehbaren Nato-Beitritt der Ukraine, inklusive amerikanischer Militärstützpunkte und Raketenbasen, verhindern wollte. Die Russen wären bei den Verhandlungen in Istanbul im März 2022 dazu bereit gewesen, sich auf die Linien des 24. Februar 2022 zurückzuziehen. Das hat auch der ukrainische Vertreter bestätigt. Das könnte der anzustrebende Kompromiss sein: Neutralität gegen ein Ende dieses Krieges. In Istanbul gab es kein verbindliches Angebot Russlands. Am Ende wurden die Verhandlungen leider von der Ukraine abgebrochen … … wegen des russischen Massakers in Butscha … … das ist die ukrainische Version. Kriegsverbrechen, wie grauenhaft sie immer sein mögen, sind doch kein Grund, das Bemühen um ein Ende des Krieges aufzugeben. Der Abbruch der Verhandlungen war auf jeden Fall ein Fehler. Die Möglichkeit, sich zu einigen, war damals größer als heute. Ob Russland heute noch bereit wäre, sich auf die Vorkriegslinie zurückzuziehen, ist fraglich. Die Waffenlieferungen des Westens haben nicht zur Lösung des Konflikts beigetragen. Hätte der Westen keine Waffen geliefert, gäbe es die Ukraine jetzt nicht mehr. Das ist Ihre These. Im Frühjahr 2022 gab es eine Chance, den Krieg zu beenden, wenn man kompromissbereit gewesen wäre. Die Waffenlieferungen haben erst viel später eingesetzt. In Ihrem Bild fehlt, dass es einen aggressiven russischen Imperialismus gibt. Warum? Es ist verbrecherisch, einen Krieg zu beginnen. Ich verurteile das zutiefst. Selbst wenn es russische Sicherheitsinteressen gibt, die der Westen besser beachtet hätte, ist das keine Rechtfertigung. Aber historische Wahrheit ist auch: Die Nato hat sich nach Osten ausgedehnt, nicht Russland gen Westen. Viele westliche Experten – auch der CIA-Direktor William Burns – haben darauf hingewiesen, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine für Russland eine knallrote Linie war. Man hat es darauf ankommen lassen. Putin ist ein autokratischer Machthaber. Ich habe keine Sympathie für ihn. Aber wir müssen versuchen, auch mit solchen Regimen Konflikte friedlich beizulegen. Ganz besonders, wenn es sich um eine Atommacht handelt. Putin sagt selbst, dass Russlands Interessen nicht in der Ukraine enden. Warum nehmen Sie ihn nicht beim Wort? Das tue ich. In dem Interview mit Tucker Carlson hat er betont, dass die Ausdehnung der amerikanischen Einflusszone für ihn das zentrale Problem ist. Es gab auch im Westen in den 90er-Jahren Warnungen, dass eine Nato-Osterweiterung die militaristischen, nationalistischen, regressiven Kräfte in Russland stärken wird. Genau das ist passiert. Wir haben die große Chance nach dem Ende des Kalten Krieges nicht genutzt und nicht versucht, mit Russland gemeinsam eine europäische Friedensordnung zu gestalten. Russland hat sich an den Rand gedrängt gefühlt. Jetzt haben wir das Ergebnis. Putin droht dem Westen offen den Einsatz von Atomwaffen an und lässt politische Gegner ermorden. Warum trauen Sie diesem Mann? Ich traue ihm nicht. Die USA haben den Taliban auch nicht getraut, und trotzdem am Ende mit ihnen verhandelt. Es geht um Interessen, nicht um Vertrauen. Wer Verhandlungen fordert, wird immer als naiv bezeichnet. Aber jene, die für Waffenlieferungen plädieren, haben keine Antwort darauf, wie der Krieg beendet werden soll. Wir sollten, wie der Papst und viele Länder des globalen Südens fordern, versuchen, beide Seiten an den Verhandlungstisch zu bekommen. Dort muss es Sicherheitsgarantien für die Ukraine geben. In Osteuropa fürchten viele, dass die Ukraine nur der erste Dominostein war. Woher wissen Sie, dass Russland nicht weitere Länder angreift? Die russische Armee war nicht in der Lage, Kiew einzunehmen. Dass diese Armee demnächst Polen überfällt und dann in Berlin einmarschiert, halte ich für abwegig. Sie haben auch den Überfall auf die Ukraine für abwegig gehalten. Das stimmt nicht. Ich habe damals bei Anne Will gesagt, dass die Russen eine mögliche Nato-Mitgliedschaft im schlimmsten Fall militärisch verhindern werden. Ich habe nur nicht gedacht, dass das direkt bevorsteht. Sahra Wagenknecht trat Ende des Jahres 2023 aus der Linkspartei aus und gründete ihre eigene Partei, ‹Bündnis Sahra Wagenknecht›

 
 

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