05.04.2024 – News – Spiegel Online – — – Details
Daniel Kahnemann
Er kam dem Menschen auf die Schliche, ein Verdienst, für das er 2002 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geehrt wurde. In oft sehr schlichten Experimenten studierte er, wie Probanden in Alltagssituationen Entscheidungen fällen. Er wies nach, dass sie dabei einer Vielzahl von Trugschlüssen und Fehleinschätzungen aufsitzen. Zeitlebens bereitete es Kahneman Vergnügen, gängige psychologische Theorien zu demontieren. Der Mensch, so seine Erkenntnis, lässt sich von Intuitionen leiten, und diese sind oftmals falsch. Kahneman erschütterte damit das Weltbild der Ökonomen, das auf der Vorstellung von rational handelnden Marktteilnehmern beruhte. Kahneman war ein Kind jüdisch-litauischer Eltern und wuchs in Frankreich auf. Die Familie konnte sich vor den Nazis verstecken und wanderte nach dem Krieg nach Palästina aus. Erste Erfahrungen als Psychologe sammelte Kahneman bei der israelischen Armee, wo er ein Verfahren zur Auswahl von Offiziersbewerbern ersann. Die Prüfer, so zeigte er, hatten zuvor ihr Urteilsvermögen überschätzt und allzu sehr ihrem ersten Eindruck von einem Bewerber vertraut. Im Jahr 2011 fasste Kahneman seine Erkenntnisse in einem fulminanten Werk zusammen: «Schnelles Denken, langsames Denken« erwies sich als eines der einflussreichsten Wissenschaftsbücher des 21. Jahrhunderts, prallvoll mit tiefen Einsichten in die Natur des Menschen und lebensnahen Alltagstipps. Beispiel: Wie lässt sich die Kaffeekasse füllen? Stelle die Spendenbüchse unter einem Porträtfoto auf. Kahneman hat es experimentell getestet: Wer sich beobachtet fühlt, spendet ungefähr doppelt so viel. Kahneman starb am 27. März.
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